Delir

ICU-Delir (nicht C2-Entzug)

Definition und Diagnostik

Definition

(S1 Leitlinie DGN)

Das Delir ist eine akute zerebrale Dysfunktion mit Störung der Wahrnehmung, Orientierung und des Bewusstseins. Ätiologie und Pathophysiologie des Delirs sind bisher nur unzureichend verstanden. Eine kausale Therapie ist derzeit ebenfalls unbekannt. Es werden hyperaktive, hypoaktive und gemischte Verlaufsformen unterschieden. Differentialdiagnostisch und therapeutisch unterscheiden sich das auf der Intensivstation erworbene und das vorbestehende Delir (z.B Aufnahmediagnose) grundsätzlich. In diesem Kapitel sind vor allem Überlegung zum intensivmedizinisch erworbenen Delir dargestellt.

Diagnose

Wenn RASS -3 bis 4 dann CAM-ICU Delir Screening

graph TD A[Akuter Beginn oder fluktuierender Verlauf] -->|ja| B[Aufmerksamkeitsstörung?<br/>ANANASBAUM <br/>bei jedem 'A' die Hand drücken lassen] B -->|"≥ 3 Fehler"| C{RASS?} C -->|RASS = 0| D[Delir] C -->|"RASS ≠ 0"| E[Unorganisiertes Denken?<br/>1. Schwimmt ein Stein auf dem Wasser?<br/>2. Gibt es Fische im Meer?<br/>3. Wiegt ein Kilo mehr als 2 Kilo?<br/>4. Kann man mit einem Hammer Nägel in die Wand schlagen?] E -->|">1 Fehler"| D

Differentialdiagnose bei Delir

Insbesondere bei Aufnahme mit bestehendem Delir sollten Differentialdiagnostische Überlegungen angestellt werden!

  • Hinweis auf ICB?
  • Verdacht auf zerebralen Infekt?
  • Verdacht auf septische Enzephalopathie?
  • Verdacht auf Alkoholentzugsdelir?
  • Verdacht Hepatische Enzephalopathie?
  • Verdacht auf non-konvulsiven Krampfanfall?
  • Hypoglykämie?
  • Elektrolytstörung (Hyper-/Hyponatriämie, Hypercalcämie)?

Medikamentöse Therapie

Allgemeines

Es fehlen derzeit Hinweise aus randomisierten Studien, dass typische oder atypische Antipsychotika ein bestehendes Delir verkürzen, die Mortalität reduzieren oder eine Delir-prophylaktische Wirkung erzielen (MIND-USA, AID-ICU). Medikamente sollten nach derzeitigem Kenntnisstand daher nur bei agitierten Patienten mit einem Risiko für Selbstschädigung und mit dem Ziel der Agitationskontrolle eingesetzt werden. Welches Medikament dabei die beste Wirkung erzielt, muss im Einzelfall ausprobiert werden. Benzodiazepine sind mit einer erhöhten Delirinzidenz assoziiert und sind in der Behandlung des intensivmedizinischen Delirs kontraindiziert.​

Medikamente

Haloperidol

Haloperidol ist ein hoch potentes typisches Neuroleptikum. Das Risiko für extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen (EPMS) ist bei der intravenösen Gabe niedriger als bei der oralen Gabe. Die auf der Intensivstation meist durchgeführte intravenöse Gabe ist off-label. Die QT-Zeit muss überwacht werden. Im MIND-USA Trial traten bei einer mittleren Dosis von 11mg/24h bei 1% der Patienten EMPS auf. Beginn mit Dosierung von 2-5mg intravenös. Bei Dosen > 20mg ohne ausreichende Wirkung sollten alternative Medikamente erwogen werden.

Pipamperon

Pipamperon ist ein schwach potentes typisches Neuroleptikum. Nach oraler Einnahme wird Pipamperon schnell aus dem Darm resorbiert. Etwa zwei Stunden später ist der maximale Wirkstoffspiegel erreicht. Die Halbwertszeit beträgt 17 bis 22 Stunden. Pipamperon hat eine sedierende Wirkung und ist weniger antipsychotisch wirksam. Es ist daher insbesondere zur Behandlung der psychomotorischen Unruhe im Rahmen eines Delirs geeignet. Auf Grund der langen HWZ erscheint es eher ungeeignet für die Anwendung nach 23:00, da ansonsten morgendliche Überhänge drohen die z.B physiotherapeutische Behandlung unmöglich machen können. Dosierung: 1-2 tgl. 10-40mg oral

Melperon

Melperon entstammt ebenfalls der Klasse der Butyrophenone und wird pharmakologisch den typischen Neuroleptika zugeordnet. Es besitzt eine deutlich kürzere Halbwertszeit als Pipamperon (6-8h) und erschein daher besonders für die Gabe über den Tag geeignet. Dosierung: bis 3x tgl. 25-50mg

Risperidon

Risperidon ist ein atypisches Neuroleptikum. Bei lebhaften Halluzinationen kommt es auf Grund seiner antihalluzinogenen Wirkung in Betracht. Es besitzt keine sedierende Wirkung und kann daher mit Melperon/Pipamperon kombiniert werden. Dabei muss allerdings das kumulierende Risiko extrapyramidaler und kardiotoxischer Nebenwirkungen beachtet werden! Dosierung: 1-3x tgl. 0,5-1mg

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